Kalte Vorgerichte bzw. Vorspeisen haben ihre Bedeutung im Rahmen der Menüfolge verändert. Sie sind mehr zu einem kleinen Begrüßungshappen geworden, der angeboten wird, um die Wartezeit zu überbrücken. Gerne bezeichnet man sie als Gruß aus der Küche. Sie kamen eigentlich mit der Etablierung des russischen Service in unsere Menüfolge. Ein abendliches Dinner begann mit den Zakouski, Fingerfood, die angeboten wurden, während sich die Gäste versammelten. Man drapierte Mundbissen auf Platten zur Selbstbedienung, reichte Sekt dazu und gab den Gästen Gelegenheit, sich miteinander bekannt zu machen. Dieser Auftakt ist nicht abhandengekommen, wird jedoch nur noch bei großen Veranstaltungen gepflegt.
Die kalten Vorgerichte gehören eher in den Frühstücksbereich, wo sie durchaus ihre Berechtigung haben.
Eine kalte Vorspeise sollte nie mehr als 100-150 g pro Portion betragen, weniger ist mehr. Ein üppiger Salat ist kein Vorgericht. Ein Menü beginnt wahlweise mit der Suppe oder einem warmen Vorgericht. Alle Vorgerichte haben nie eine sättigende Funktion und müssen miteinander korrespondieren. Möchte man kaltes Vorgericht, Suppe und warmes Vorgericht anbieten, dürfen diese 3 Komponenten nicht mehr als 400 g inklusive Brot oder Garnitur aufweisen, sofern sie selber keine Garnitur darstellen.
Ein kaltes Vorgericht wird bevorzugt auf Glastellern, in Glasschalen angerichtet oder kleinen Porzellanschälchen, alternativ Löffelchen und kommt aus der „Kalten Küche“. Organisatorisch entlasten sie die „Warme Küche“. Sie verschaffen der Kochbrigade die Zeit, die notwendig ist, um die weiteren Gänge vorzubereiten oder zuzubereiten. Gast seitig überbrücken sie die Wartezeit bis zu den größeren Gängen, die eine sättigende Funktion haben. Ganz unwissenschaftlich ausgedrückt, Vorgerichte dienen der Bespaßung des Gastes und seines Verdauungssystems, um es auf die große Kür vorzubereiten.
Zwei grundlegende Fehler passieren sehr häufig. Die Portionen sind zu groß und zu nahrhaft. Die Zutaten überlagern sich mit dem Rest des Menüs.
Unsere Menüs sind kleiner geworden. Das große Festmenü kommt nur noch selten zum Einsatz, 4 Gänge sind der Durchschnitt. In der Regel leiden wir nicht unter Hunger, damit sinken auch die Angebotsmengen. Bereits in früheren Jahrhunderten waren die einzelnen Gänge nur klein, denn auch die Gäste eines großen Dinners waren nicht ausgehungert, Frauen eng geschnürt. Sie nahmen Pröbchen aus Anstand, um das essen zu können, was ihnen wirklich schmeckte. Männer wurden zum Futterverwerter. Neben dem Essen wird getrunken, was ebenfalls den Magen füllt. In heutiger Zeit muss alles von sehr nahrhaften Beilagen begleitet werden, was den Sättigungswert weiter erhöht. Fast nichts geht ohne Brot, Kartoffeln, Nudeln, Reis. Das war in früheren Jahrhunderten anders. Hier waren stark sättigende Beilagen in einer Menüfolge nicht angesagt.
Die heutigen Vorgerichte sind oft sehr üppig. Sie haben oftmals bereits den Umfangs eines Hauptgerichts. Da gibt es dreierlei davon, einen Riesensalatteller, Salat mit Schinken oder das berüchtigte hauchdünn geschnittene Carpaccio. Der werte Küchenchef vergißt dabei, dass gerade Salat und sonstiges Grünfutter einen hohen Anteil an Fasermaterial hat. Salat ist eine Beilage und keine Vorspeise. Das Carpaccio ist ebenfalls keine Vorspeise, denn von seinem Schöpfer war es als Hauptgericht konzipiert. Dreierlei von Irgendwas wäre nur sinnreich, wenn es drei Pralinchen von Irgendwas wären.
Des Deutschen liebstes Futter ist das Brot. So stellt der gute Gastgeber noch eine Brotschale auf den Tisch, dass sich der wartende Gast damit auch richtig vollstopfen kann. Hier ist doch dann der Geist in der Kochkunst gefragt. Gegen ein Brotscheibchen ist ja nichts einzuwenden, doch es sollte eben ein Scheibchen sein oder zwei Halbe. Was immer passt:Toast Melba, ein getoasteter Cocktailhappen Brot oder das frisch duftende Hausbrot. Pro Person eine Scheibe.