Buch von guter Speise


Buch von guter Speise

Über das Buch von guter Speise muss man wohl wenig sagen, es gibt mehr Webseiten dazu als Finger an der Hand. Man findet das gut lesbare Original ebenso wie diverse Transkripte. Ich werde daher nur einige Kochanweisungen umsetzen. Die Entscheidung fällt schwer, denn alle möglichen Mittelaltervereine kochen gerne danach, weil es so schön mittelalterlich ist. Mich interessiert weniger, die originale Kochweise zu erhalten, wir leben im 21. Jhd.,haben die Möglichkeit einen Zahnarzt aufzusuchen und eine andere Ernährungsphilosophie. Es entsprach der Diätik des Mittelalters, alles zu zermusen. Einmal, weil es die Humoralpathologie so verlangte, andererseits auch aus menschlichen Erwägungen. Das Gebiss der Menschen war oft sehr schlecht, da das schlecht gemahlene Mehl die Zähne abschliff. In dieser Hinsicht waren auch adlige Häupter nicht geschützt.

Kocht man die Kochanweisungen heute nach, muss man, nach meiner Meinung, den Weg der alten Humoralpathologie nach Galen nicht verfolgen. Wir temperieren auch nicht mehr und teilen die Lebensmittel anders ein. Eventuell wäre es jedoch nicht verkehrt, sich einmal damit auseinanderzusetzen. Im Mittelalter verstand man unter dem Begriff Dietic generell Lebensweise. Eine Verbindung mit Gewichtsreduktion schuf man nicht. Eine gute Darlegung der Grundsätze des Temperierens findet man bei Hildegard von Bingen in Physica. Die Handlungsanweisungen bei Leone sind zweigeteilt. Der anfängliche Teil ist besser verständlich. Der zweite Teil ist im Großen betrachtet eine Teilabschrift der erst 50 Rezepte. Da Michael Kleriker war, bediente er sich auch lateinischer Begriffe. Es gibt zwar ein Glossar des Buches, das wurde jedoch (erst oder schon?) im 19. Jhd. zusammen getragen. Leider nicht besonders gut. Ich denke aber, der Stuttgarter Verein wusste es nicht besser.

Weiter ergibt sich die Frage Wie wurde gekocht? In den Kochanweisungen wurde sehr beherzt mit den vergleichsweise teuren Gewürzen umgegangen. Beachten muss man bei dieser Aussage jedoch, dass man die Gewürze weder auf dem Markt noch per Versandhandel kaufen konnte. ;-) Als die Gewürze am Abladeort angekommen waren, waren sie vielfach von Rattenkot verunreinigt, ätherische Öle abgebaut. Die Gewürze wurden in Jutesäcken transportiert, seltenst in Gläsern und Gewürzladen. Die gesamte Würzthematik muss man sehr differenziert behandeln. Es gibt aus der Zeit des Spätmittelalters Gewürzkompositionen, die ich mit den vorhandenen Einzelmengen so nie mischen würde. Erst einmal hatte man im Spätmittelalter andere Mengenverhältnisse, die Gewürze waren nicht mehr frisch. Mörsern hin oder her. Was ausgelaugt ist, bekommt auch durch mörsern keine Kraft mehr.

Jetzt könnte man dem entgegenhalten, die alten Haushaltsbücher zeigen doch usw. Nein, sie treffen keine Aussage zur Qualität der Gewürze, nur zur Quantität.

Was wurde gekocht?


Michael gehörte zum Würzburger Patriziat. Er lebte auf dem großen Löwenhof, siehe Bild. Die Küche befand sich wohl unten neben dem großen Tor im Wirtschaftsbereich. Die oberen Räume sollen die Wohnräume gewesen sein. Man kann nur spekulieren, ob der Herd schon in Kniehöhe gemauert war oder noch zu ebener Erde. Michael hatte eine Hauswirtschafterin, die für sein Wohl sorgte.

Es gibt diverse Vermutungen, wo die Kochanweisungen aus dem Hausbuch herstammten. Ich persönlich folge der Theorie des »König vom Odenwald« und stelle die These auf, dass einige Kochanweisungen auch aus der Küche der Deutschordensritter gewesen sein könnten. Was bringt mich zu dieser Ansicht?

Im Hausbuch Michaels befindet sich die Sammlung »Buch von guter Speise« hinter den Küchengedichten des Königs vom Odenwald. Thematisch schließt es sich an. Wer war der Minnesänger? Hieß er König oder stammte er aus König? Familiennamen in unserem Sinn gab es noch nicht. Der König könnte also der König der Spielleute aus dem Odenwald gewesen sein, was er ja auch war, herkömmlich aus König im Odenwald, ein König ohne Krone. Die Forschung vermutet, dass es bei dem ostfränkischen Dichter möglicherweise um Schenk Johann II. von Erbach, Domherr zu Mainz und Würzburg handeln könnte. Die Familie ist bis heute im Odenwald ansässig. Der König war ein gebildeter Mann und setzte sich in seinen Gesängen mit Beobachtungen seiner Zeit auseinander.

Alle Kochanleitungen sind Speisen des höheren Standes. Ich würde sie nicht ausschließlich als Festspeisen bezeichnen oder generell in die fürstbischöfliche Küche einsortieren. Sie sind gemischt. Einige Speisen sind ganz sicher zu festlichen Anlässen serviert worden, andere sind Alltagsspeisen. Aufgeschrieben oder abgeschrieben wurden sie von einem Menschen, der frei von jeglicher Kochintelligenz war oder nur schlecht des Schreibens und Lesens kundig. Es gibt sehr viele Übertragungsfehler. Die Reproduktion wird teilweise erschwert, da Kernanweisungen fehlen. Auf den ersten Blick ergeben sie keinen Sinn.

Die Verbindung zu den Deutschordensrittern


Die Deutschordensritter hatten eine Kommende in Würzburg. Conrad Jude von Mainz, der Vater Michaels, war vermutlich sehr eng mit den Deutschordensrittern oder Templern verbunden, was aus vielen kleinen Snippets alter Bücher hervorgeht. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass er auch an dem letzten Kreuzzug beteiligt war. Vater Conrad wohnte nach seinem Zuzug nach Würzburg zuerst im Casteller Hof, Martinsgasse 371, später in Nummer 21, auf dem Gelände der Franziskaner. Der Casteller Hof wurde vom Bischof an die Deutschordensritter gegeben. Zu dem Namen »Jude von Mainz« gibt es diverse Aussagen. Vater Conrad ist wohl Mitte des 13. Jahrhunderts geboren. Zu dieser Zeit waren auch in Deutschland ›genannt‹ Namen üblich. Vater Conrad war ein Ritter. Die Frage stellt sich hier, stammte er aus dem Niederadel (Ministeriale) oder war er adlig, was das »von« Mainz ausdrücken könnte. Laut Beschreibung war Ritter Conrad Jude von Mainz ein unfreier Beamter, also Ministeriale, der in den Niederadel aufgestiegen ist.

Ordensritter Kochbuch

Das Ordensritter-Kochbuch ist fast identisch mit dem Buch von guter Speise. Der Leone Hof wurde an den Neffen Leones vererbt, dessen Sohn (ein Goldschmied) ihn 1409 verkaufte. Mit diesem Verkauf ging auch das Hausbuch erst einmal für lange Zeit vollständig verloren. Zwischenzeitlich wurde der Leonehof konfisziert, dann, wieder freigegeben, verkauft. Die zeitliche Einordnung des Kochbuch der Deutschordensritter in das 15. Jahrhundert, ist meines Denkens nicht korrekt. Dieses Kochbuch wurde in einem Archiv in Königsberg gefunden. Es muss also schon vor 1409 kopiert worden sein oder als Grundlage gedient haben. In diesem Fall wurde es bereits zu Lebzeiten Leones geschrieben. Das könnte auch erklären, warum sich die Rezepte im Buch von guter Speise teilweise doppeln.

Meine Gedanken kreisten bisher immer um die Frage- wieso spricht Michael de Leone in einer Handlungsanweisung von Armen Rittern? Das, was man im Mittelalter darunter verstand, war eine Scheibe trockenes Roggenbrot in Fett gelegt, sodass es sich vollsog. Anschließend wurde es in der Glut ausgebacken. Wenn meine Vermutung bezüglich der Ordensritter stimmen würde, ergäben die Armen Ritter einen Sinn. Die Tempelritter hießen wörtlich »Arme Ritterschaft Christi…«, wobei sich arm nicht auf Armut bezog. Allerdings mochten sich all diese Ritterorden nicht wirklich und lagen ständig im Klinsch miteinander. Es ging um die Macht. Verfolgt man Michael des Leones Vita, so kommt man irgendwann darauf, dass sein Vater ein Ordensritter war, vermutlich ein Deutschordensritter.


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