Rezepte 14. Jahrhundert
Das 14. Jahrhundert dauerte vom 1. Jan. 1301 – 31. Dez. 1400. Dieses Jahrhundert prägten Naturkatastrophen, die Pest Epidemie, Kriege und politische Umbrüche. Zeitweise erlebte das Jahrhundert aber auch eine wirtschaftliche Blüte, kulturelle Entfaltung und technischen Fortschritt. Das Jahrhundert an sich, wird in Europa dem Spätmittelalter zugeordnet.
Für die historische deutsche Genusswelt spielt das »Buch von guter Speise« aus dem Hausbuch des Würzburger Protonotars Michael de Leone eine grundlegende Rolle. Ob es das erste Kochbuch war, wissen wir nicht. Es ist die älteste bekannte Überlieferung von Kochanweisungen die über die Jahrhunderte erhalten blieb. Das Hausbuch ist in der spätgotischen Buch- und Kanzleischrift Bastarda geschrieben und daher gut lesbar. Die Forschung hat festgestellt, dass 7 Hände an dem Buch schrieben, u.a. auch Michael de Leone selber. Auf ihn geht auf jeden Fall die Auswahl des Inhalts des Hausbuches zurück.
Ein weiteres Rezeptbuch des 14. Jhdt. ist das »Forme of Cury«, eine Sammlung von Kochrezepten der Köche am Hofe von König Richard II. von England. Das Manuskript wurde um das Jahr 1390 in mittelenglischer Sprache auf Pergament geschrieben. Es enthält ca. 205 Rezepte, deren Zahl jedoch durch die unterschiedlichen Abschriften variiert. Präsentiert das Buch auch englische Küche, so ist es von der deutschen Genusswelt nicht so weit entfernt.
Diese 2 Bücher enthalten Kochanweisungen, die bis in die heutige Zeit auf den Küchenzetteln der in Deutschland lebenden Menschen ihren Platz behalten und gefunden haben.
Alles was wir über das Mittelalter wissen, wissen wir aus zeitgenössischen Quellen und Büchern, die sich über Jahrhunderte erhalten haben. Was beweisbar ist, liefern archäologische Funde. Alles ist mit Vorsicht zu genießen, jeder Film, jeder Roman, selbst zum Teil auch wissenschaftliche Abhandlungen. Kochanweisungen gehören zu dem Teil historischen Wissens, das beweisbar ist. Was uns viele dieser »Kochbücher« nicht überliefern, sind Arbeitsschritte und Grundrezepturen. So gut wie alle dieser Bücher sind von kommerziellen Schreibern geschrieben worden. Auftraggeber waren Adlige, Patrizier, sonstige hohe Herrschaften. Ein nicht geringer Teil entstand handschriftlich in den Kreisen des Klerus. Die entstandenen Bücher wurden nach Diktat geschrieben oder von Notizen abgeschrieben. Erschwerend kommen die fehlende Vorstellungskraft der Schreiber und der noch sehr geringe Sprachschatz hinzu. Viele Bücher wurden auf Pergament geschrieben, ein sehr teures Utensil, also, man fasste sich kurz. Wie man heute sagt, war alles eher minimalistisch.
Historische Kochanweisungen sind nur Schnipsel von etwas. Sie zu reproduzieren setzt Fantasie und Kochwissen voraus, denn die Lücken der Schreiber müssen gefüllt werden. Man meint, das was in den Kochanweisungen fehlt, wurde als bekanntes Wissen vorausgesetzt. Das möchte ich nicht unterstreichen. Der Leser dieser Kochanweisungen war nicht in jedem Fall ein Koch, denn viele Köche waren nicht gut gebildet. Sie lernten in der Praxis von anderen Köchen. Wer las also diese Bücher? Diese Frage beantwortet der Abnutzungsgrad. Viele dieser Kochbücher sind vom Zahn der Zeit angefressen, doch nur wenig zeigen echte Gebrauchsspuren.
Kochbücher zu kopieren gehörte zum Tagwerk von Druckern. Kopieren bedeutet aber nicht kompilieren. Man ergänzte wohl die Menge der Kochanweisungen, aber nicht fehlende Inhalte. Man schrieb Rezepte aus mehreren Kochbüchern zusammen, veränderte teilweise den Inhalt. Ich verweise hier auf die Dissertation von Dr. Andrea Wurm Universität des Saarlands.
Rezeptauswahl
Von beiden Büchern findet sich eine Auswahl von Rezepten die bis heute bekannt sind. Es entsprach der Zeit, dass die Kochanweisungen nur kurz und oftmals wenig aussagekräftig waren. Man hat das nötigste aufgeschrieben, nicht in jedem Fall das Wesentliche. Vieles kann nur Interpretation sein. Das Hausbuch des Michael de Leone richtete sich an die Familie des Würzburger Patriziers. Leone hinterließ seinen Nachfahren Weingüter, Grundbesitz (seinen Hof) und wohl auch finanzielle Mittel. Sein Reichtum war vom Vater ererbt, wie auch erarbeitet. Die Kochanweisungen sind eine Mischung aus Alltagsgerichten und Festspeisen. Ob diese Gerichte für die Patrizier und Bürger der Zeit repräsentativ waren, ist nicht belegt, da es nur wenig vergleichbare Zeugnisse gibt. Als vermutliche Fälschung hat sich der Küchenzettel aus 1303 Einweihung Marienkirche zu Weißenfells herausgestellt, man kann ihn also nicht beiziehen.
Gerichte
- Concavelite - eine gefüllte Schüssel Reismus aus Mandelmilch mit Sauerkirschen
- mandelkaese - Mandelpudding
- blamenser - eine Schüssel weißer Brei
- col_ris - süße Flädlesuppe
Mengen und Zeit
In allen historischen Kochanweisungen finden sich keine Portionsangaben, selten Maße, nur wenig Mengenangaben, kaum Zeitbegriffe. Es gibt einige Standardangaben, die man in vielen Kochanweisungen findet. Weiter ist zu bedanken, dass es im 14. Jahrhunderte andere Maße gab in den deutschen Regionen. Für das Leone Buch gilt Würzburger Maß.
eine handvoll = 50 g
ein Acker lang = Acker ist ein altes Flächenmaß. In Deutschland waren das zwischen 18,773 Ar in Sonderhausen, bis 64,43 Ar in Sachsen Altenburg. Gemessen wurde in Quadratruten. Auch hier gab es extreme Unterschiede. Basis war die Rute. Maßruten hatten etwa drei oder fünf Meter. Wie lange laufen sie 5 Meter? Das wäre die Kochzeit . Empirisch lag der Wert der Großen Fränkischen Rute bei gut 4,86 m.
1 Phunt = in Würzburg im Mittelalter 480 Gramm Handelsgewicht, Krämergewicht=32 Lot
Gewürze & Kräuter
Kochweise
Grundlage für die Kochweise des 14. Jahrhunderts war die Humoralpathologie (Viersäftelehre) deren Grundsatz das Temperieren war. Alle Lebensmittel wurden eingeteilt in die Wirkungsweise auf die Körpersäfte. Eine gute Erläuterung findet sich bei Hildegard von Bingen im »Physica«. Die Lehre der Viersäfte ist für uns zwar überholt, aber nicht generell vom Tisch. Hildegard von Bingens Einschätzung zum Mehl ist nach wie vor aktuell. In ihrer rüden Ausdrucksweise hinterlässt sie uns den Hinweis, Dinkelmehl macht fettes Geblüt.
Aufgrund der beschränkten technischen Gegebenheiten des 14. Jahrhundert, Kohleöfen maximal kniehoch, konnte meist nur aufeinanderfolgend gekocht werden. Ein Dreibein über dem Feuer usw.
Zutaten
Butter, Speck und Schmalz waren Grundzutaten der historischen Küche, doch man muss hier unterscheiden. Konservieren der Lebensmittel war nur über einsalzen, einlegen in Honig, trocknen möglich, Kühlschränke gab es nicht. Der Begriff Schmalz meint nicht in erster Linie Schweineschmalz sondern Butterschmalz. Butterschmalz ist ohne Kühlung haltbar ohne ranzig zu werden. Die Butter wurde geläutert um zu gereinigtem Fett zu kommen.
Verwendete man Schweineschmalz, wurde das auch extra erwähnt. Speck war generell gesalzen. Der Speck musste erst gewässert werden, um das Salz auszuwaschen. Reine Butter wurde auch mit Salz konserviert, auch sie musste zuerst ausgewaschen werden, vom Salz bereinigt. Der Hinweis »..und versalz es nicht«, ist in diesem Zusammenhang zu verstehen. Sei vorsichtig mit zusätzlichem Salz.
Roggenmehl wurde nicht nur von den einfachen Leuten verwendet, sondern auch von betuchten. Weißes Mehl, schönes Mehl, wurde nur von der gehobenen Klasse verarbeitet. In den Kochanweisungen wurde Roggenmehl ausgewiesen, wie auch weißes Mehl. Auch wenn es die Mittelalter Vereine gerne hätten, Hefe gab es im 14. Jahrhundert nicht. Noch verstand man nicht, Bierhefe oder Weinhefe zu gewinnen bzw. zu nutzen. Man verwendete Sauerteig für Fladen und Brot. Man machte auch Fladen aus Mehl, dies musste jedoch schnell gehen, denn ungesäuerte Mehlprodukte werden sehr schnell hart, wenn man sie verarbeitet. Mehl und Wassergemisch gärt schnell, was zu Sauerteig führt.
Zucker und Honig. Im Leone Buch findet beides Verwendung. Zucker diente als Gewürz, wie auch zu medizinischen Zwecken. Da Zucker importiert wurde, gehörte Zucker zu den Luxusartikeln der Zeit. Honig war jedoch auch nur den besseren Leuten zugänglich. Honig musste, wie Butter, vor der Verwendung gereinigt werden. In einem Rezept verwendet Leone Honigsaum, ungeläuterten Honig, auch als Honigseim bezeichnet.
—- Goldgöffel