Deutsche historische Genusswelt

Culinary History der deutschen Küche

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Cäcilie und die Krapfen


Die Mandoletti Cecilie Krapf

Unter einem Krapfen [ahd. Krapfo, was gebogene Klaue, Kralle bzw. Hacken bedeutet] versteht man heute kleinere süße oder salzige Hefeteigstücke, die in heißem Fett gesiedet werden.

Schon die alten Griechen brachten der Göttin Ceres als Opfer Krapfen dar. In alter Literatur finden wir Erklärungen über die Herkunft der Urform. Durch die Gestalt der Krapfen soll der Schwamm angedeutet werden, mit dem das Blut Christi abgewaschen wurde und die Fastnachtsbrezeln sollen durch ihre geschlungene Form die Fesseln Christi vergegenwärtigen. Aus: Extra-Felleisen: Belletristische Beilage zum Würzburger Stadt- und … - Seite 171 | 1862

Vor der im Winter liegenden christlichen Fastenzeit pflegte man mit den Krapfen noch einmal eine kräftigende und nahrhafte Mahlzeit zu sich zu nehmen. Ein Brauch, der sich bis heute erhalten hat, wie man in allen Regionen weiß, in denen der Karneval bzw. der Fasching eine größere Rolle spielt. Schon im Mittelalter wurde das Jahr hauptsächlich durch die kirchlichen Fastentage reguliert. Krapfen sind daher also kein obligates Faschingsgebäck sondern allgemein eine Fastenspeise, was man bereits im „Buch von guter Speise“ des Michael de Leone aus dem Jahr 1355 nachlesen kann.

Die Mandoletti


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Peilertor Wien um 1730

Einer hübschen und immer wieder gern erzählten Legende nach, soll die Erfindung des Gebäcks auf die Wiener Hofbäckerin, sogar Hofratsköchin, Cäcilie Krapf, genannt Frau Cilly, zurückgehen. Welch prosaische Titel für eine einfache Mandolettibäckerin.
Der Mandoletti war ein Mittelglied zwischen dem Zuckerbäcker bzw. Konditor und dem Kuchenbäcker, die nach der Zunftordnung streng voneinander zu trennen waren. Der Mandoletti fertigte allerlei zierliches Zuckerwerk von Mandeln, das ebenfalls Mandoletti genannt wurde. Der Begriff leitete sich von Mandola, Mandoletta sowie Mandelkuchen ab, und schwappte von Italien herüber.

Die Mandel- bzw. Pastetenbäckerei von Cäcilie Krapf befand sich am Peilertor, auch Peurer- oder Baylertor, einem Wiener Stadttor zwischen Kohlmarkt und Tuchlauben, aus der Zeit der Babenberger. Heute durchquert man dort die Naglergasse zum Graben.
Zuerst diente das Peilertor als Wachturm und später als Gefängnis. Im 17. Jahrhundert gab es dort ebenerdige Geschäfte, 1732 wurde es aus verkehrstechnischen Gründen abgetragen.

Was erfand Cecilie Krapf?


Den Krapfen? Mit einhundertprozentiger Sicherheit nicht, nicht einmal den gefüllten Krapfen. In der “Köchordnung” der Stadt Wien vom 8. Juni 1486 wurde für die „Krapfenpacherinnen“ (Krapfenbäckerinnen) bereits festgelegt, was sie zu tun und zu lassen hatten. Cäcilie Krapf war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine dieser Krapfenbäckerinnen, deren Backstuben wurden nämlich ebenfalls als Mandoletti bezeichnet. Allgemein bezeichnete man in Alt-Wien so auch die Geschäftsleute von sehr geringer Bedeutung, wie die Golatschenbäcker oder Datscherlbäck.
In der Zeit des ausgehenden Barock und anschließenden Biedermeier, hatten die Mandoletti ihre Stände meist in der Vorstadt und verkauften dort Golatschen, Kipferl, Strudel, Krapfen und Busserl. Und das Cäcilie Krapf mit ihrem unbedeutenden Gewerbe zu einer Hofratsbäckerin aufgestiegen sein soll, das ist doch mehr als unwahrscheinlich.

Da das Peilertor 1732 abgerissen worden war, muss unsere Mandolettibäckerin so um 1660 geboren worden sein und kann demzufolge auch ihre „Cillykugeln“ durchaus um 1690 kreiert haben, wie verschiedentlich geschrieben wird, aber kaum zum Wiener Kongress. Krapfen waren ursprünglich aber keine Kugeln, sondern bestanden aus zwei trockenen Teigplatten die im Fett gesiedet wurden, auch als Bauernkrapfen bekannt. Die heutige Füllung, ist eine städtische Weiterentwicklung, und bestand ursprünglich nicht aus Marmelade, sondern aus gekochtem Obst, Compott.

Aber auch die gefüllten Kugeln scheinen nicht Cäcilies Idee gewesen zu sein, denn sie kamen doch eher aus den Klosterküchen und nicht von den Mandolettis. Es ist jedoch denkbar, dass Frau Cilly eventuell als erste Krapfenbäckerin die gefüllten Kugeln auf der Straße angeboten hat.

Was ebenfalls allgemein bei all der Ausschmückerei der Krapfengeschichte vergissen wird: Zum Ende des 17. Jhd. konnte Cäcilie nicht mit Hefekrapfen umherwerfen. Es gab wohl Bierhefe, doch ob das der wahre Genuss war? Und so schön ist das Backwerk davon auch nicht aufgegangen.

Im Jahr 1815 sollen während des Wiener Kongresses an die zehn Millionen Krapfen bei offiziellen Empfängen und Bällen verzehrt worden sein. Auch hier ist anzuzweifeln, dass es gefüllte Cillykugeln waren.
Was die Wiener an ihrem Faschingskrapfen haben, das war auch schon Habs & Rosner bewusst, die in ihrem „Appetitlexikon“ schrieben: „In Norddeutschland kommt ein ähnliches Gebäck, das sich aber mit dem gut geratenen Wiener Faschingskrapfen in keiner Weise messen kann, unter dem Namen der gefüllten Pfannkuchen vor.

Dass der Krapfen in Wien allerdings mehr als nur ein Gebäck war, beweisen diverse Bräuche. So war es ein Alt-Wiener Brauch, auf einen Faschingskrapfen einzuladen. Das zeremonielle Teilen eines Krapfens konnte einer Verlobung gleichkommen und zurzeit Kaiser Karl VI. (1685-1740) gab es bei Hof sogar ein „Krapfenschießen“. Zur Josephinischen Zeit (1741 - 1790) hatte die Wiener Zeitung eine eigene Anzeigenrubrik für die Krapfenbäckerinnen. Es gab ungefüllte und gefüllte Krapfen zum Preis von einem bis drei Kreuzer.

Der Krapfen in den Küchen:


… ein artiges, kleines und rundförmiges Gebäck, welches entweder im Schmalze oder in eingeschlossener Ofenhitze zubereitet wird. Lat. placenta.| franz. bignet, beignet,| Ital. frittela. | Engl. fritter.
Es gibt sehr verschiedene Arten davon: als Schmalzkrapfen, Butterkrapfen, Prügelkrapfen [Baumkuchen], Spritzkrapfen [Spritzkuchen], ferner Nonnenkräpfel [mit Kompott gefüllte Krapfen], Schlickkräpfel [Kärntner Kasnudeln], Mandelkräpfel, Chocolatekräpfel.
Bey dem Volke jenseits des Traunflusses heißen unsere so genannten Schneeballen Krapfen. Andere aus Germteig in Schmalz gebackene flachrunde Kuchen, mit einer braunen Rinde, die aber zugleich in der Mitte des Randes mit einem weißen Reifen, einem Ring, gezieret sein sollen, heißen dort brachene Knoden(gebackene). Unweit der Stadt Wels Mehlpimper.

Für Krapfen ist, wie Frisch bemerkt, einst Krappel oder Kieppel geschrieben worden. Wahrscheinlich heißen sie so wegen ihrer künstlichen Zierde und gekrauselten Figur. In der franz. Sprache ist creper, krausen, lat. crispare; crepon, Engl. crape, ein zierlich gekräuseltes Haar, der Krepp; endlich crepe farine, ein Krapfen. Deßwegen werden selbe in einigen latein. Wörterbüchern crepides, cripisculae genannt. Man hat diesem Worte die griechische Bildung crepis, crepidis beigelegt, weil dieses wenigstens dem äußerlichen Klange nach mit Kreppe, Krapfen überein kommt. Eigentlich aber bedeutet es eine Grundlage oder ein Pantoffel. Etymologisches Wörterbuch der in Oberdeutschland…: Band 2 - Seite 166 Matthias Hofer - 1815

Alte Rezeptbücher geben noch mehr Auskunft. Neben Michael de Leone, der bereits 1355 Krapfenrezepte notierte, finden wir in allen historischen Rezeptbüchern viel oder wenig Krapfenrezepte, gefüllte und ungefüllte, süße und salzige.

Krapfen verzehrte man bereits in altrömischer Zeit, man nannte sie „globuli“, Kügelchen. Marcus Portius Cato, der bis 149 v. Chr. lebte, schrieb in seinem Buch „Über die Landwirtschaft“: „Man mische geronnene Milch mit Speltmehl und mache daraus so viele Kügelchen wie es angeht. Dann tue Fett in einen heißen Kessel, koche darin die globuli und wende sie mit zwei Kochlöffeln fleißig um; wenn sie fertig sind, nimmt sie heraus und bestreiche sie mit Honig und streue Mohn darauf.“

Krapfen sollten immer mit Mehl vom Typ 550 hergestellt werden.


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