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Deutsche historische Genusswelt

Culinary History der deutschen Küche

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Nonnenfurzel und Klostergebäck


Cassata

Cassata alla Siziliana Sünde der Nonnen


Wenn es um die Kulinarik geht, landet man immer wieder in Italien. Cassata ist der wohl berühmteste Käsekuchen Siziliens, ein Traum aus geschichtetem, mit Likör durchtränktem Biskuit, durchsetzt von gesüßtem Käse, umgeben von Kompottfrüchten, Gelee und Marzipan, verziert mit barocken Schnörkeln, Marzipanrosetten und Blumen. Es gibt keinen Zweifel daran, dass Cassata in den verschiedenen Epochen immer wieder aus verschiedenen Zutaten hergestellt wurde. Einige der frühesten schriftlichen Beweise für einen sizilianischen Cassata Kuchen, gehen zurück bis in das zehnte Jahrhundert. Es ist allerdings nicht klar, wie ähnlich sich die frühmittelalterliche Cassata mit der Heutigen ist.

Der zeitgenössische Schriftsteller Giuliano Bugialli erhebt Anspruch auf eine eindeutige lateinische Ableitung des Namens. Obwohl die Etymologie von Cassata noch längst keine beschlossene Sache ist, gibt es die Vorstellung, dass Cassata von dem lateinischen Caseus abzuleiten wäre, dem Wort für Käse, da der Kuchen mit Käse gemacht wird.
Von den berühmten Sprachforschern da Aleppo und Calvaruso, wird das als zu weit hergeholt betrachtet. Die lateinische Ableitung scheint jedoch gar nicht ganz so weit hergeholt zu sein, denn 1348 definierte Senisio Angelo, ein sizilianischer Abt, in einem Wörterbuch der sizilianischen Volkssprache Cassata als Torta, später sogar als Eis.
In dem anonymen toskanischen Kochbuch „Libro della cucina“ aus dem 17.Jhd., von F. Zambrini bearbeitet, findet sich ein Rezept für casciata, das als Basis Käse und geschlagene Eier hat. Allerdings ist dieser „Kuchen“ eindeutig ein pikanter Kuchen.

Die Geschichte in Versen „La Vita di lo Beato Corrado“ von dem Edelmann Andriotta Rapi von Noto, scheinbar aus dem 15. Jhd., definiert Cassata als einen Kuchen mit einer Grundfläche von Käse (caseata). Die Entstehungsgeschichte der sizilianischen Cassata kann sehr gut auch auf die arabische Epoche zurückgehen bzw. auf die arabisch beeinflusste Küche der Norman-sizilianischen Klöster kurz danach. Nach einigen Jahrhunderten ist er zu einem reich verzierten barocken Kuchen der Aristokratie geworden.

In früher Zeit war es ein traditioneller Osterkuchen, eine Spezialität von Nonnen sowie das Purimfest der sizilianischen Juden. Die Torte war so verführerisch, dass 1574 das Bistum Mazara del Vallo dem Kloster verbieten musste, während der heiligen Karwoche Cassata zu machen, weil die Nonnen das Beten versäumten. Der Kuchen war ein wichtiger Teil der Feierlichkeiten beider monotheistischer Religionen und möglicherweise auch dem Islam.

Historische Dokumente zeigen, dass in Sizilien große Käufe von Ricotta, Käse aus Ziegenmilch, immer vor dem Ende der Fastenzeit erfolgten. Der früheste und deutlichste Hinweis darauf, dass Cassata ein spezieller sizilianischer Kuchen aus Ricotta-Käse ist, geht aus dem Liefervertrag eines Juden namens Sadon Misoc von 1409 hervor.

Die erste Erwähnung möglicher Vorfahren der Cassata erschien in einer Pariser Handschrift des RiyAd-an-Nufuns. Im zehnten Jahrhundert berichtete ein Abu Bakr al-Maliki, dass Abu al-Fadl, ein orthodoxer Rechtsgelehrter aus der Hauptstadt Aghlabiden in Tunesien, einen süßen Kuchen zu essen abgelehnt hatte, weil er mit Zucker aus Sizilien gemacht worden war.

So viel Bäcker, so viel Varianten. Grundlage ist immer guter Biskuit, Ricotta Käse, wem Schafskäse missfällt, kann auch jeden anderen Frischkäse verwenden, Marzipanmantel und Sukkadefrüchte. Da Cassata ein Schichtkuchen ist, benötigt man wenigstens 4 Biskuitböden. Am besten geeignet ist Genueser Biskuit, auch Wiener Boden genannt. Dieser enthält Fett und ist nicht so trocken wie andere Biskuitarten, daher weicht er nicht so durch.

Der Käse wird mit Zucker, Vanillearoma, Orangeat, Zitronat, gewürfelten Maraschinokirschen, gehackten Pistazien, Schokoladensplittern und einem Schuss Orangenlikör cremig aufgeschlagen.
Jede Biskuitplatte sollte aprikotiert werden, um sie zu isolieren. Hierfür wird oft auch ein Rum- oder Likörsirup verwendet. Kleiner Trick: Wenn man den Kuchen weniger süß bevorzugt, legt man einfach nur Backoblaten auf jeden Boden. Nun wird die Käsemasse gevierteilt und gleichmäßig aufgestrichen. Um den Kuchen zu festigen, hüllt man ihn straff in Folie und kühlt das Ganze einige Stunden. Erst dann wird die letzte Käseschicht aufgebracht.
Den gesamten Kuchen rundherum mit einer Marzipanplatte verkleiden. Maripanplatten gibt es fertig zu kaufen. Über die Marzipanplatte hinweg, wird der Kuchen mit Royalicing eingestrichen, einer festen Zuckerglasur, die angefärbt wird.

Was die Cassata ausmacht, ist ihre filigrane Verzierung aus Zuckerfrüchten und barocken Spritzornamenten. Mit viel Liebe zum Detail kann man hier Wunderwerke schaffen.
Für Cassata gibt es weder Formvorschriften noch Standards. Ob man sie rund oder eckig, zwei- oder vierschichtig, als Kuppel oder wie auch immer macht, ist egal. Das was die Cassata zur Cassata macht, sind Biskuit, Käse, Marzipan und das wunderschöne Dekor.

Nonnen-Fürtzel

Nunnenfurte Ein Gebäck von Nonnen befillt


Die Nonnenkrapfen oder auch Nonnen-Furtzel oder Fürtzel sorgen immer wieder für peinliche Berührtheit, denn die meisten Menschen gehen von völlig falschen Gedanken aus. Dieser Begriff ist weder unanständig noch geht er auf die weiblichen Geschlechtsteile der ehrwürdigen Schwestern zurück.

Nonnen-Fürtzel [→ franz. pet de nonne] sind heute als Krapfen, Suppeneinlage oder auch Kekse bekannt. Besonders die Verkleinerungsform Nonnenfürzlein, Nonnenfürzchen bezeichnete ein in Nonnenklöstern übliches pfeffernussartiges Gebäck. Der Begriff war nie in den früheren Jahrhunderten regional auf Schwaben beschränkt und ist im gesamten deutschsprachigen Raum ähnlich. Im „Alamodisches Kochbuch“ von 1689, welches in Nürnberg gedruckt wurde, finden wir eine frühe Herstellungsanleitung direkt unter dem Namen „Nonnen- Fürtzel“

« Macht einen Teig von Marzipan Masse darunter Pfeffer, Zimt, Nelken, Kardamom, Macis nach Belieben, dass sie fein stark schmecken. Desgleichen Zitronat, Zitronenschalen, Pomeranzenschalen, eingemachten Ingwer, alles grob geschnitten untermischen. Dann macht man runde Kugeln daraus und schlägt sie in einen Teig ein wie zu spanischen Brezeln mit einem Rad fein abgeschnitten. Dann bäckt man sie fein aus, dass sie etwas gelb werden. »

« Der Teig:
Hierzu nimmt man Milch, lässt sie warm werden, rührt Weizenmehl darunter, so dass es ein zäher Teig wird. Den Teig ausstreichen und davon Stücken schneiden - messerrückendick, zwei Finger breit und zwei Fingerspannen lang, die mit Rosen- und Zimtwasser bestrichen werden. Dann nimmt man die Marzipanfüllung und wickelt sie darin ein. Man kann die Stücke formieren wie man möchte. Wenn man möchte, kann man sie anschließend vergolden.»

Ursprünglich waren Nonnenfürzle eine Art Zuckerbackwerk mit eingemachten Früchten gefüllt, die zuerst vorrangig in den Nonnenklöstern verfertigt wurden. Die zweite Hälfte des Wortes leitet sich aus dem französischen la farce her und bedeutet Gefüllsel.
Bereits im Urkundenbuch des Stiftes Klosterneuburg aus dem 14. Jh. ist der Begriff Nunnenförzlein erwähnt. Dass das Gebäck aus den Klosterküchen stammt, ist zwar nicht beweisbar, aber durchaus denkbar. Der Ursprung könnte aber, wie Marzipan überhaupt, aus dem Orient stammen und ist mit den Mandeln nach Europa gekommen. Das dieses Wort etwas Unanständiges enthalten soll, ist deutlich abzulehnen. Dass es sich um ein gefülltes Gebäck gehandelt hat, ist durch die obige Anleitung bewiesen. In anderen, mir vorliegenden Kochbüchern ab 1350, taucht der Begriff so nicht auf. Hingegen finden sich viele Beschreibungen von gefüllten Marzipankugeln, die mit der obigen Anleitung sehr identisch sind.

Im Wikipedia erfahren wir, dass das Gebäck korrekt „Nonnenfürtchen“ heißen müsste, weil es auf das mittelniederdeutsche Wort „nunnekenfurt“ zurückgehen würde, was übersetzt so viel heißen soll wie „von den Nonnen am besten zubereitet“. Nein, es müsste richtig Nonnenfüllsel heißen und bedeutet wortwörtlich Nonnenfüllung bzw. von Nonnen befüllt.

Eine andere Geschichte besagt, dass sich ein alter Domherr aus einem Topf dampfender Nonnenfürzchen das größte heraus angelte und mit einem Zwinkern hinzufügte: „Ich nehme das von der Mutter Oberin“.

Traditionell soll man Nonnenfürzle nur zur Fastnacht essen, weiß Wikipedia weiter, und sie werden aus Brandteig hergestellt. Mit zwei Teelöffeln werden kleine Kugeln abgestochen und in heißem Fett schwimmend ausgebacken. Noch heiß wird das Gebäck in Zucker gewendet.
Hier irrt der Schreiber aber ganz gewaltig und ist rund 300 Jahre hinter der Zeit. Belege für die Herstellung durch die Klöster finden sich reichlich, so soll auch Katharina von Bora, die Ehefrau Luthers, die Zubereitung im Kloster erlernt haben. Dass es jedoch ein Gebäck aus Brandteig ist und traditionell zur Fastnacht gegessen wird, stimmt so absolut nicht. Richtig ist, es war eine Fastenspeise jedoch an keinen Zeitpunkt gebunden. In den Klöstern bereitete man die edelsten Fastenspeisen in der Karwoche zu, da das Osterfest die größte Bedeutung im Kirchenjahr hatte. Die Art der ursprünglichen Zubereitung widerspricht auch dem Krapfenbegriff, daher würde ich die Kugeln nicht zu den Krapfengebäcken zählen. Marzipan gehört in die Mandelbäckerei, den Mandoletti, und da sind die Marzipankugeln auch meist angesiedelt.

Suppeneinlage


Unter dem Namen Nonnenfürzle sind eine Reihe sehr unterschiedlicher Rezepte überliefert. Das Mondseer Kochbuch aus der Mitte des 15. Jahrhunderts beschreibt eine Suppeneinlage, die entfernt an Backerbsen erinnert, doch sind die Nonnenfürzle nicht aus Brandteig sondern aus einem Eierteig hergestellt:

für 4 PERSONEN

  • 2 Eier
  • 1 Eigelb
  • 150 g Mehl
  • Salz
  • 100 g Butterschmalz zum Ausbacken

Zubereitung:

Aus Eiern, Eigelb, Mehl und Salz einen festen Teig herstellen, etwa 1/2 Finger dick ausrollen und in feine Würfel schneiden. Das Schmalz in einem Topf erhitzen, die Würfel darin ausbacken und hernach als Suppeneinlage verwenden. Man kann die Würfel auch gleich in der Brühe garen, für die man sie haben will; das dauert etwa 5-10 Minuten.

Gebackene Bohnen oder Nonnenfurz in Tunke:


Für ein „Gemüse“ roll einen Eierteig mit einer Kuchenrolle etwa einen halben Finger dick aus und schneide ihn in Würfel wie Bohnen. Wirf diesen Teig in heißes Schmalz, er ist schnell gebacken. Gieß das Schmalz ab und lass die ausgebackenen Würfel trocknen. Und gib sie in eine Tunke oder sonst eine Sauce, und lass die Weinsauce aufkochen bevor du die Bohnen hinein gibst. Bewahr es vor dem Naschen; so kannst du es lange Zeit aufbewahren.
Quelle: Bundesrealgymnasium Körösistraße 155, A-8010 Graz

Begriffsableitungen und Herleitungen


Der Name Nonne stammt aus Ägypten, dem Mutterland des christlichen Mönchtums, Nonnis, unversehrte Jungfrau, und wurde schon von Hieronymus gebraucht.

Wenn ihr euch auch nur mit dreiszig oder vierzig katzendrecken (‚rosinen und mandeln an einen faden gereiht, in schmalz gebacken, gezuckert und süsz übergossen‘) und nonnenfürzchen zeigen wolltet. Eine Herstellungsanleitung findet sich im „Wohl eingerichteten Kochbuch von 1784 aus Hall, Schwäbisch Hall, dass zu dieser Zeit noch fränkisch war.

Im Elsass Nunnefirzle, aus leichtem Butterteig mit Rosenwasser. Im Schlesischen Nonnenfärzel, Nonnenpfärzel, in Köln Nunnefützche, niederdeutsch Nunnenfurte, bremisch Nunnenfürtken, mittelniederdeutsch Nunnekenfurt Nassauisch, plur. Nonnenfarzen, Nonnenfärzen wie Nonnenfürzlein.

schwäbisch Nonnenfürzl, Nonnenfürtz sind des Teuffels blassbälck

Die delicaten Franzosen in Paris fordern bei den Restaurateurs diese pets (pet de nonne). Unter dem Namen »Nunnenfürteken« gibt es auch in Pommern eine Art Gebackenes.
→ Nonne’firzercher, m., die Nonnenkrapfel, das Nonnenfärzel (farcire), eine Art Zuckerbackwerk, welches in den Nonnenklöstern häufig gebacken wird, le pet de nonne.
→ fürze Pl.: Fastnachtsküchelchen mit einem Glas aus dem Teig herausgestochen und in heißem Öl gebacken‘,
→ Nunnefärz wobei der Teig mit dem Kochlöffel ins Öl geschöpft wird. ‚rostige Ritter‘, auch ‚klein ausgefallene Gebäckstücke‘

Und die Berliner sagten ganz schlicht: Nonnefärzken dazu, aber auch Nonnenkrapfen wie Mary Hahn in ihrem Kochbuch. Sie bezeichnet ihr Rezept als Berliner Nonnenkrapfen. Mit dem ursprünglichen Klostergebäck haben aber alle Nonnefärzken LOL nichts mehr zu tun. Heute sind es meist fürzchentrockene Teigballons ohne Geschmack.


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