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Deutsche historische Genusswelt

Culinary History der deutschen Küche

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Garum das Salz der alten Römer

Garum Salz der Antike, nicht Fischsoße

Das Salz der Römer hat eine eigene Geschichte verdient, denn es wird so viel Unsinn darüber geschrieben, dass man die vielen falschen Geschichten einmal klar stellen muss. Die Darstellung, dass es sich dabei um eine F i s c h soße handelt ist formal wohl nicht falsch, aber auch nicht richtig. Garum ist keine Soße, es ist flüssiges Salz, ein Condiment.

Bei der Herstellung dieser speziellen Salzlake machte man sich einen normalen biochemischen Prozess zu Nutze, die Fermentation, auch als Selbstverdauung bekannt. Die eiweißhaltigen Fische dienen als Basismaterial. Man setzt ihnen reichlich Salz zu, dann werden sie über einen längeren Zeitraum einer gleichmäßigen Wärme ausgesetzt. Dadurch beginnt der Prozess der Zersetzung, infolge dessen sich der Fisch selber verdaut.

In der Antike verlief der Prozess sehr geruchsintensiv, heute kann man ihn durch geschlossene Inkubatoren völlig geruchlos gestalten. Bei einer konstanten Temperatur von 40°C zersetzt sich der Fisch und übrig bleibt eine extrem salzige, goldgelbe Flüssigkeit, die völlig geruchlos ist.
Erst nach einer speziellen Reinigung wird die Salzlake weiter verarbeitet. Die Herstellung der Grundflüssigkeit dauert mindestens 4 Wochen, 3 Monate sind optimal, um den kompletten Fischgeschmack zu beseitigen.

Anlagen zur Herstellung von Liquamen wurden im Mittelmeerraum mehrfach archäologisch nachgewiesen. Für die Beliebtheit der Würzflüssigkeit spricht die Verbreitung von Amphoren mit entsprechender Aufschrift im gesamten römischen Imperium. Selbst im frühen Mittelalter wurde Liquamen noch als Zutat genannt, so in einem St. Gallener Küchenkodex des 10. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit stammt ein Bericht des Gesandten Liutprand von Cremona über die Verwendung von Liquamen am byzantinischen Hof. Ganz nebenbei vermerkt, Garum war mit eines der teuersten Gewürze seiner Zeit und hatte die gleichen Qualitätsabstufungen wie echtes Balsamico.

Garum ist keine Fischsoße


Es gibt viele Tipps und Rezepte, wie man angeblich alternatives Garum herstellen könne. Da ist von aufgekochter Sardellenpaste die Rede usw. Es wird stets davon ausgegangen, man müsse einen Fischgeschmack erzeugen, nein, das muss man eben nicht, da Garum keinen Fischgeschmack hat.

Garum ist Garum. Man muss weder die asiatische Maggisoße verwenden noch überhaupt einen Pseudomix. Hat man kein Garum, verwendet man einfach nur eine Lösung aus Salz, Wein und Kräutern. Der Hauptgeschmacksträger sind die Kräuter.

Es wurden auch die Begriffe Muria und Allec für Garum gebraucht, die sich jedoch voneinander unterscheiden. Das echte Garum, das beste, wurde in Neu-Carthago gemacht. Garum sociorum, später auch Liquamen. Garum ist die Flüssigkeit, das Zurückbleibende das Allec. Allec, der Abfall, wurde ebenfalls verdünnt, nochmals gereinigt und der armen Bevölkerung verkauft zu einem minimalen Preis.

Unter Muria versteht man dreierlei:

  1. Erstens die Salzlake, welche seit ältester Zeit die Vestalinnen zum Gebrauch des Opfers bereiteten (s. Th. IV, S. 286), in welcher man im penus (s. Th. IV, S. 208) des Hauses Fleisch, Käse, Fische, Gemüse, Fruchte aufbewahrte, und welche man auch dem Wein bei mischte.
  1. Zweitens jede beliebige Sauce, so dass man auch Garum als eine Art der Muria bezeichnen kann,
  2. Drittens eine besondere Fischsauce, die wie das garum prüparirt, über nicht aus der Makrele sondern aus dem Nordatlantischen Thunfisch gewonnen wurde. Auch bei ihr ist das Residuum der abgeklärten Sauce Allec, obgleich dieses nach seiner Güte wieder verschieden ist.

Für den häuslichen Gebrauch machte man Alec von ordinären Fischen, um es den Sklaven als Pulmentarium zu geben, und arme Leute bedienten sich desselben ebenfalls; doch hatte man unter demselben Namen auch feine Saucen, welche aus besonderen Ingredienzen bereitet wurden.

Aller dieser Saucen bediente man sich als condimentum bei der Zubereitung der Speisen. Garum gab es in verschiedenen Mischungen, indem man es mit Wein als oenogarum, oder mit Öl als oleogarum mit Essig als oxygarum, oder mit Wasser als hydrogarum präparierte.

Aus der antiken, griechisch-römischen Küche sind viele gute Kochrezepte erhalten. Die meisten finden sich im Kochbuch des Caelius, „De Re Coquinaria“ aus dem 4 Jh. dass stets Apicius zugeschrieben wird, der im 1. Jh. lebte. Dieses Kochbuch hat den ursprünglichen Titel – Die Apicii des Caelius, was eigentlich die Feinschmeckerei bedeutet. Joseph Dommers Vehling, Meisterkoch und bedeutender Kochhistoriker wies nach, dass das angebliche Kochbuch des Apicius nicht von ihm sein kann, da die Rezepte im Wesentlichen griechischen und nicht italienischen, römischen, Ursprungs, sind.

Die Apicii des Coelius


Wer Caelius, oder Coelius, war, ist nicht bekannt. Man vermutet aber, dass er medizinische Kenntnisse hatte, keinen blassen Schimmer vom Kochen und darüber hinaus, nur sehr schlecht Altlatein beherrschte. Es gibt keinen Beweis dafür, dass der Besitzer einer der bedeutendsten Kochschulen seiner Zeit, Marcus Gavius Apicius, jemals ein Kochbuch verfasst hat und auch nur ein Rezept dieses Buches zu seiner Zeit dort gekocht wurde. Dass dieses Buch nicht aus dem 1. Jhd. stammen kann, beweist auch der Begriff Liquamen, der erst im 3. Jhd. aufkam.

Apicius wird heute nach wie vor als Fresser und Schlemmerer beschrieben, so wie die Stoiker ihn dargestellt haben. Apicius war Epikureer und sein Ziel war, der Jugend seiner Zeit ein Gefühl und Wissen für die maßvolle Feinschmeckerei zu vermitteln. Da die Stoiker Essen als ein notwendiges Übel betrachteten, egal was und wie man isst, Hauptsache man hat keinen Hunger, wetterten sie natürlich über die Epikureer, die sie als dekadent bezeichneten.

Das Salz der Römer


In fast allen Rezepten wird anstelle von Salz das Condimentum Garum verwendet, das den Gerichten ihr typisches Aroma verlieh. Es mit einer Sojasoße der asiatischen Küche gleich zu stellen, ist nicht einmal ansatzweise korrekt. Der Herstellungsweg dieser Würzsoße ist in mehreren Versionen der „Geoponica“ XX, 46 beschrieben, eine lückenhaft erhaltene Abschrift spätantiker griechischer Traktate über die Landwirtschaft. Auch in der Enzyklopädie des Plinius (C. Plinii Naturalis Historiae Libri XXXVII, Liber XXXI, 95) wird die Herstellung von Liquamen geschildert.

Zur Bereitung von Liquamen ließ man diverse kleine Fische sowie Fischinnereien in der Sonne zusammen mit Salz „gären“- was nicht korrekt ausgedrückt ist. Dieser Prozess dauerte recht lange, die Quellen sprechen von mehreren Monaten. Hin und wieder rührte man um. Anschließend wurde die Masse durch ein Sieb gegeben, das Ergebnis ist eine goldbraune Flüssigkeit. Es werden unterschiedliche Fische als Ausgangsbasis erwähnt, meistens waren es kleine Fische, wie etwa Sardellen, Ährenfische (Atherina hepsetus) oder „gavros“ (europäische Sardelle). Die Fische werden - das ist wichtig - unausgenommen verwendet. Die erhaltene Flüssigkeit, das Garum oder Liquamen, war mehr eine extrem salzige Lake, die mit Wein, Gewürzen, Essig oder Wasser vedünnt wurde. Daraus entstand dann die jeweilige gebrauchs- und handelsfertige Würze. Die Haltbarkeit dieser Flüssigkeit muss nahezu unbegrenzt gewesen sein.

Die Vorstellung, Fische in Fässer einzuschichten und tagelang der Sonne auszusetzen, vernageln Wissenschaftlern und Köchen meist den Blick für das Wesentliche und versetzen sie in Ekel. Die altrömische Küche wird heute meist mit Ablehnung betrachtet.

Viele Neu-Herausgeber römischer Rezepte empfehlen asiatische Maggisoßen und anderen Unsinn mehr. Weiter sollen Sardellen längere Zeit in stark salzhaltigem Wasser gekocht werden oder es wird mit Sardellenpaste gepanscht.
Der mediterrane Römer litt weder unter Geschmacksverirrung, noch war er resistent gegen Fischvergiftungen. Keiner der Lamentierer über die stinkende Fischsoße hat bisher eine Zutat wirklich ernst genommen: das Salz. Anstatt sich über den Fisch zu echauvieren, sollte man den Blick auf das Wesentliche lenken.

Die Fische verfaulen nicht. Sie verdauen sich enzymatisch selber, durch ihre Enzyme im Verdauungstrakt. Aus diesem Grund ist es wichtig, nicht ausgenommene Fischlein zu verwenden, denen sogar noch Fischinnereien zugesetzt werden. Der enzymatische Abbau des Fischeiweiß erfolgt erst ab ca. 40 Grad Celsius. Fäulnis oder Gärung wird hingegen durch Mikroben verursacht. Wie bekannt ist, konserviert Salz. Nach der Definition der Lästerer jedoch, müssten auch alle anderen durch Salz haltbar gemachten Fische wie Stockfisch, verfaulen.

Rezept des Roh-Liquamen


  1. Man nimmt ganze, frische kleine Fische wie Sardellen, zerkleinert sie etwas und fügt 40-50 % der Ausgangsmenge reines Kochsalz hinzu. Es sollte frei von Zusatzstoffen sein, insbesondere von Jod.
  2. Zu 1 kg Sardellen gibt man mindestens 400 g gutes Salz. Die Masse muss kräftig durchmischt werden. Sollte es noch nicht ausreichen, gibt man Salz nach. Kein grobkörniges Meersalz oder Schicki Miki Salz.
  3. Diese Fischmasse gibt man in einen Inkubator, eine schlichte Joghurtmaschine, wo man sie bei konstanten ca. 40 Grad sich selber überlässt. Täglich muss der Apparat umgeschüttelt werden.

Nach einer Woche ununterbrochener Fermentation haben sich die Fische verflüssigt, übrig bleiben alle unverdaulichen Bestandteile wie die Gräten. Sind die Anchovis noch nicht komplett zersetzt, muss man Salz nachgeben. Man gießt die Flüssigkeit nach einer weiteren Woche durch ein Sieb und erhält das Roh-Liquamen. Die Haltbarkeit in gut verschlossenen Flaschen und unverdünnt ist unbegrenzt, da es sich um eine Salzlake handelt. Je länger man die Flüssigkeit im Joghurtbereiter lässt, je besser wird die Qualität. Nach 4 Wochen ununterbrochener Fermentation ist sie komplett geruchlos, sie muss aber noch weiter in dem Apparat bleiben für eine gute Alterung.


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