Das 14. Jahrhundert dauerte von 1300 bis 1400. Es zählt zum Mittelalter. Das Mittelalter war geprägt vom Feudalismus, den Kreuzzügen, Judenverfolgung und Krankheiten wie dem schwarzen Tod. Alles steckte in den Kinderschuhen. Die Menschen waren schlecht gebildet, auch in der reichen Oberschicht bis hin zu Königen und Kaisern konnten nicht alle lesen, geschweige denn schreiben. Nicht unnatürlich, denn die Männer mussten ihre Burgen und Besitzungen verteidigen. Geschrieben wurde vorwiegend in Altlatein, der Sprache des Klerus.
Grundsätzlich muss man immer bei der Beurteilung der Vergangenheit sehen, dass der Ochse nie etwas anderes geben kann als Rindfleisch. Was es nicht gab, was man nicht kannte, konnte man auch nicht nutzen. Noch kochte man überwiegend über offenem Feuer auf einem Dreibein im Grapen. Herde in unserem Verständnis gab es nicht. Man entwickelte sich hin zu Herden, die bis zur Kniehöhe reichten, sodass man nicht mehr im Sitzen kochen musste. Für das Verständnis mittelalterlicher Kochanleitungen ist das wichtig zu wissen.
Die Ernährung wurde von der Humoralpathologie bestimmt. Der bekannteste Vertreter war Galenus. Er vertrat die 4-Säfte Lehre, die besagt, dass die Verdauung von den Körpersäften geregelt wird und durch die Temperamente bestimmt. Das Temperieren der Speisen zu beherrschen war für Köche sehr wichtig und gehörte zum Kochwissen. Die Kunst des richtigen Temperierens mag mit eine Ursache sein, warum in mittelalterlichen Kochanleitungen kaum Gewürze stehen. Hippokrates betrachte die Kochkunst als eine Heilkunst, was nicht so ganz von der Hand zu weisen ist. Ein Koch musste in dieser Zeit mehr können als kochen, er musste auch heilkundlich angehaucht sein.
An dieser Stelle ein Wort zu Hildegard von Bingen, der Überheiligen. Einen Heiligenschein sehe ich über Hildchens Kopf nicht, und Wunder hat sie auch keine vollbracht. Die adlige Tochter war das zehnte Kind ihrer Eltern und wurde, es mal so bösartig ausgedrückt, wegen ihrer Epilepsie und Augenkrankheit ins Kloster abgeschoben. Verurteilen wir die Eltern nicht. Im Mittelalter waren die Menschen überwiegend nur schlecht gebildet. Alles lag in Gottes Hand und der regelt gar nichts. Die epileptischen Anfälle mussten eine Bestimmung Gottes sein, denn über Krankheiten wusste man noch weniger. Hildegard von Bingen war nicht gebildet. Ihre Klosterfreundin und Erzieherin Jutta von Sponheim brachte ihr bei, was sie selber konnte, ein wenig schreiben und lesen. Aber, auch Jutta war nur ein Klosterkind und erst wenig älter als die kleine Hildegard. Wie sollte auch dieses Mädchen die Epilepsie richtig bewerten. Alles, was über Hildegard von Bingen je verbreitet wurde, ist zum übergroßen Teil eine schöne Legende. Richtig ist nur, dass sie mit Hilfe ihrer adligen Familie zwei Klöster geschaffen hat, sehr adel-stolz war und sich gut vermarktet hat. Da sie nur schlecht Latein beherrschte, schreiben fast gar nicht und lesen nur mühsam, scheitert der Wahrheitsgehalt hinsichtlich ihrer so bedeutenden Schriften bereits an diesen Tatsachen. Sie ließ schreiben und sich vorlesen, eines ihrer Privilegien als hohe Klosterfrau.
Die im Namen von Hildegard verbreiteten Schriften, entstanden nach ihrer Zeit, soweit die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung. Bei genauerer Betrachtung ist der größte Teil auch mittelalterlicher und neuzeitlicher Zeitgeist. Worin Hildegard ganz sicher gut war, im Kräuter sammeln. Bei aller Hildegardmedizin und allen Hildegardrezepten muss man also immer erst einmal den wissenschaftlichen Wert prüfen. Sehr viel was geschrieben wurde ist bedenkenswert, nicht beachtenswert, und nicht so unbedingt ganz ernst zu nehmen. Abschließend zum Dinkel. Hildegard von Bingen ließ schreiben, dass Dinkel nicht besser zu bewerten ist als Weizen. In ihrer unnachahmlichen rüden Ausdrucksweise ließ sie die Nachwelt wissen, Dinkel macht fett.
Die Bücher mit dem Autorennamen Hildegard von Bingen sind dennoch interessant. Man erfährt auf jeden Fall, wie das mit dem ganzen temperieren zu verstehen und zu handhaben ist. Es geht dabei, wie schon gesagt, nicht um Temperatur, sondern um Temperament.
Rezepte des 14. Jahrhunderts gibt es nicht, nur Kochanweisungen, die zu rezeptieren sind. Ich habe mich mit folgenden Kochbüchern auseinandergesetzt:
Rezeptreproduktionen sind immer nur eine Annäherung. Ich bin kein Sprachwissenschaftler, ich bin Kochhandwerker. Ich betrachte alle Rezeptbücher aus der handwerklichen Perspektive im Konsens ihrer Zeit. Wer sich daran stört, dass ich die Kochanleitungen zuerst in eine uns verständliche Sprache übertrage, der muss zu den Germanisten lesen gehen. In den letzten 20 Jahren ist sehr viel Literatur produziert worden, die auch dem Kulinarik-Historiker zuarbeitet. Einfach einmal ein Dankeschön dafür.