=====Rezepthistorien: Eierschmalz ===== * früheste bekannte nachweisbare, zeitlich gesicherte, Handlungsanweisung im Kochbuch Maister Hannsen, 1460 * Ein Koch- und Arzneibuch, Jeorg Asperger * Aus dem Besitz des Ulrich Schwarz d. Ä. (+1478), Zunft- und Bürgermeister von Augsburg 1460-1480 Es kann als gesichert gelten, dass das Hausbuch in den 1460er und 1470er Jahren von Ulrich Schwarz d. Ä. zusammengetragen wurde. * Hamburg ca. 1463; Kochrezeptsammlung Ha1-I des Cod. germ.1 der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg ca. 1463 * Berthilde Danner Inntal Cod. 793 der Donaueschinger Hofbibliothek, Mühldorfer Haus- und Arzneibuch' 1445 - 1470 * Bathasar Staindl, 1546 ==== Was ist Eierschmalz ==== ---- ### Eierschmalz hat sich seit dem Mittelalter völlig verändert. Im Mittelalter galt es als Fastenspeise bestehend aus Mandelbutter, Mandelmus, Mandelschmalz. Davon leite ich den Namen Eierschmalz ab. Erst viel später wurden echte Eier verwendet bzw. auch außerhalb der Fastenzeit. ### ### Eierschmalz war keine Bauernspeise, denn es gehörten Mandeln in der Fastenversion dazu. Bezüglich des Begriffes "Schmalz" in der Bezeichnung erklärt uns Wikipedia, dass der Zusammenhang im Eidotter liegt, weil Eidotter sehr fettreich sei, schmalzig. Kann sein, muss aber nicht. ### ### Die Franken haben sich Eierschmalz als ihre Nationalspeise angeeignet, was nicht zweifelsfrei belegbar ist. Zunächst einmal gehörte Eierschmalz in die Klosterliteratur. Dass dieses Gericht im Hausbuch des Herrn Schwarz auftaucht, Zunftmeister in Augsburg, verweist auf Bayern und die gehobene Küche. Ich denke nicht, dass Herr Schwarz dieses Gericht im 15. Jahrhundert seinen Hausbediensteten und Stallburschen zum Frühstück hat servieren lassen. ### ==== Varianten von Eierschmalz ==== ---- Es ziehen sich zwei Varianten durch die mittelalterliche Literatur. **1460 Maister Hannsen**\\ ---- ### **Eierschmalz in der Fasten** mach so:\\ Nimm geschälte Mandeln, stoße die in einem Mörser und lege etwas Weißbrot dazu. Mache daraus Scheiblein wie die Eier. Färbs und legs da mitten in die Scheiblein in die Pfanne, und gieße Öl daran. Backs in einer Pfanne. ### ### Bei dieser Urvariante sind keine Eier im Spiel. Hier werden Mandeln zerrieben und mit etwas Weißbrot knetbar gemacht. Die Knetmasse wird offenbar gerollt, in Scheiben geschnitten. Scheiblein wie die Eier --> harte Eier in Scheiben geschnitten. Man soll die Mandelmasse färben, einen Sinn ergibt nur Safran, gelb färben. Die Mandelmasse wird zu kleinen Kugeln geformt, die wie Eidotter aussehen, diese werden dann in die Mitte der Scheiblein gelegt und gebacken. ### ### {{:wiki:koch1r.jpg?40 |}} Wenn man Mandeln zu einer Paste zermörsert, erhält man Mandelbutter (Mandelschmalz). Das ölige Fett setzt sich ab und soll wohl mit dem Weißbrot gebunden werden. Die Paste kann nun gerollt und weiter verarbeitet werden. Ein Teil der Mandelbutter wird gelb gefärbt, dass es wie Eidotter aussieht. In die Pfanne, in der sich evtl. Mandelöl befindet, werden Scheiben von der festen Mandelbutter gelegt und in die Mitte die kleinen Eidotterkügelchen. Eierschmalz bezieht sich hier wohl eher auf die Mandelbutter. ### ### Für mich wäre das eher ein Dessert. ### **Hamburger HS um 1463**\\ ---- a) Nimm geschälte Mandeln, stoße die in einem Mörser und lege ein wenig Weißbrot dazu. Mache daraus für inwendig Scheiblein, und lege die in eine Pfanne. Gieße Öl in die Pfanne, dass es sich erwärme. b) Oder mache daraus simple Eier: Schneide sie nach der Länge auf und erwärme es, da mit dem Dotter. Und gib es mit Petersilie und mit Essig. ### {{:wiki:koch1r.jpg?40 |Justify}} Bei dieser Handlungsanweisung haben wir fast 100% Übereinstimmung mit Maister Hannsen. Variante a) ist identisch. Variante b) spricht von simplen Eiern. Es handelt sich vermutlich um echte Eier, die mit Petersilie und Essig vermengt oder besprengt werden. Diese Variante spricht schon eher für die spätere Rührei Variante. ### **Koch- und Arzneibuch**\\ ---- a) Eier im Schmalz in der Fasten.\\ Item nimm geschälte Mandeln und stoß die in einem Mörser. Leg ein wenig Weißbrot dazu und mach daraus Scheiblein und färbe es damitten und leg's in eine Pfanne und gieß Öl daran. Das werden Eier in der Fasten in dem Schmalz. b) Oder mach simpel Eier daraus. Zerschneide die Eier der Länge nach und färbe sie an der Stelle, wo der Dotter liegen soll. Gib sie mit Petersilie oder mit Essig, das sind halbierte Eier. ### {{:wiki:koch1r.jpg?40 |Justify}} Hier haben wir wieder beide Varianten. Unklar bleibt, ob das Dotter gegen Mandelbutter ausgetauscht werden soll. Zunächst bleibt die Frage offen, echte Eier ja oder nein? Ich beziehe es auf Teil a) gemeint ist wohl eher Mandelbutter/ Mandelschmalz. Echtes Eidotter müsste man wohl nicht mit Safran färben. ### **Ulrich Schwarz**\\ ---- ### Item nimm geschälte Mandel und stoße die klein. Tu dazu ein wenig Weißbrot und machs aus zu Scheiblein, und gieß Öl daran. Das werden Eier in der Fasten oder in dem Schmalz. Oder mach simpel Eier daraus und schneide es längs voneinander und färb sie wo der Dotter liegen soll und gib sie hin mit Petersilie und mit Essig etc. ### **Bertilde Danner Inntal** Cod. 793 der Donaueschinger Hofbibliothek, Bl. 27v-28v\\ und 96r-98r, 15./16. Jh.) Mühldorfer Haus- und Arzneibuch' 1445 - 1470\\ ---- Eierschmalz in der Fasten\\ ### Nimm geschälte Mandeln und stoß die klein. Schlag das Dicke mit Wasser durch ein Tuch, und siede es in einer Pfanne mit dem Wasser, dass es dick werde wie ein Mus. Nimm dann ein feisten hausen, schneid ihn würflig, röste es in einem Pfännlein wie einen Speck. Tue die Grieben davon weg und leg die Mandeln in das Schmalz, streiche es mit einem Löffel aufeinander und färbe Augen darauf samt Eidotter und stoß die geriebenen Grieben in das Weiß zwischen dem Dotter und streue Zucker darauf. Halt es bei der Wärme, dass man es so zu dem Tisch trag. ### ### {{:wiki:koch1r.jpg?40 |}}Ich gehe davon aus, dass auch das eine totale Fastenvariante ist, bestehend aus Mandeln. Das Mandelgescherb wird zu einem dicken Mus eingekocht. "feister hausen" ist mir nicht ganz klar. Hausenblase? Es wird somit mehr oder weniger zu einem Schaugericht. Mit Safran wird Mandelmus gelb gefärbt und "Spiegeleier" erzeugt. ### **Eierschmalz von Mandeln** Staindl 1546\\ ---- ### Nimm geschälte Mandeln, ein wenig weißes Brot, stoße das in einem Mörser, daraus mache einwelle Eier färbe es an der Stett und in der Mitte, legs in eine Pfanne, gieße Öl daran, back es, so wird es gleich eiern im Schmalz oder mach Eier daraus, schneids nach der Länge auseinander und färbs an der stelle, wo die Torte liegen soll. ### ### Legs in eine Schüssel wie sonst harte Eier, gieß anstelle Essig einen guten Wein oder Reinfal, Muscatel dazu, schneide ein grünes Kräutlein darauf, gibs dar. ### ==== Eierschmalz war kein trockener Auflauf ==== ---- ### Alle heute kursierenden Rezepte zeigen einen mehr oder minder trockenen Auflauf mit viel Brot und wenig Ei, was keineswegs dem mittelalterlichen Grundgericht entspricht. Das heutige Eierschmalz ist mehr eine Semmelknödelmasse, die gebacken wird. Das Gericht enthält viel zu viel Brötchen und zu wenig Ei, was es trocken macht. ###